Presseerklärung von GALB / Bündnis 90 - Die Grünen Bischofsheim zur Energiepolitik
Appell von Bündnis 90 / Die Grünen Ortsverband Bischofsheim / Grün-alternativer Liste Bischofsheim an den Bundesvorstand und die Bundestagsfraktion und an die grünen Bundesminister*innen
Der Ortsverband Bischofsheim von Bündnis90 / Die Grünen und die Grün-Alternative Liste Bischofsheim (GALB) appellieren an Bundesvorstand und Bundestagsfraktion der Partei sowie die grünen Minister in der Bundesregierung, keinerlei weiterem Betrieb von Atomkraftwerken über den 31.12.2022 hinaus zuzustimmen.
Das Kapitel Atomkraft muss sein vor über 10 Jahren beschlossenes Ende in Deutschland zum Ende dieses Jahres finden. Ein Weiterbetrieb ist gesetzlich ausgeschlossen und es besteht sachlich keine Veranlassung, daran etwas zu ändern:
Die von den drei noch laufenden AKW ausgehende Gefahr ist unvermindert, eher sogar höher als früher einzuschätzen, wurde doch auf die eigentlich schon 2019 fällige turnusgemäße umfassende Sicherheitsüberprüfung verzichtet, gerade weil man das im Hinblick auf den „nur“ 2-jährigen Weiterbetrieb nicht für angemessen hielt. Gerade in diesem Sommer haben sich an den französischen AKW erhebliche Mängel (Risse) im Kühlkreislauf gezeigt, so wird deutlich, dass diese alten AKW eben nicht mehr ohne weiteres sicher sind; mehr als die Hälfte der französischen AKW liegen deswegen, wegen Wartungsarbeiten und Wassermangel derzeit still. Auch das AKW Neckarwestheim weist solche gefährlichen Risse auf.
Der Weiterbetrieb von AKW verbietet sich von daher schon, er ist auch nicht zur Meisterung der aktuellen Energiekrise tauglich: Atomar kann nur Strom erzeugt werden, das derzeit fehlende Gas dagegen dient in erster Linie zur Wärme- oder kombinierten Wärme- und Stromerzeugung (BHKW). Fehlendes Gas könnte daher allenfalls im geringen Maß durch Atomstrom ersetzt werden (die Rede ist von nur einem Prozent des verbrauchten Gases, das Atomkraft ersetzen könnte), zumal AKW im Gegensatz zu Gaskraftwerken ganz schlecht regelbar sind und daher nur als „Grundlastkraftwerke“ dienen können, derweil Gas gerade zur flexiblen Abdeckung von Bedarfsspitzen genutzt wird; hier werden ja jetzt übergangsweise auch verstärkt wieder Kohlekraftwerke eingesetzt. Wie die unerwartet schnelle Befüllung der Gasspeicher zeigt, gibt es beachtliche Möglichkeiten zur Einsparung und Effizienzsteigerung beim Gas, sodass diese in erster Linie genutzt werden müssen, hier werden auch auf kommunaler Ebene bereits ergänzende Maßnahmen geplant.
Atomkraft ist nach wie vor eine der teuersten Arten, Strom zu erzeugen, die Probleme mit der vollkommen ungeklärten Entsorgung der strahlenden Abfälle dürfen durch weitere Erzeugung nicht noch vergrößert werden, der Rückbau der AKW wird uns ohnehin noch den Rest dieses Jahrhunderts beschäftigen. Selbst die Betreiber wollen nicht weitermachen, wollte man das wirklich tun, müssten enorme gesetzgeberische, administrative und vor allem finanzielle Hürden überwunden werden – stecken wir das Geld lieber in den einzig zukunftsträchtigen Ausbau von Effizienztechnologien und der der Erneuerbaren Energien, statt es einer untergehenden Technologie nachzuwerfen.
Nach der Katastrophe von Fukushima hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen aller damals vertretenen Parteien – einschließlich CDU und FDP – beschlossen, die Nutzung der Kernkraft zum Ende dieses Jahres endgültig zu beenden. Die durch den Überfall Russlands auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise mit den Versuchen Russlands, die Gaslieferungen politisch zu instrumentalisieren, müssen zwar auch hier zur Überprüfung des eingeschlagenen Wegs führen; vom Ausstieg aus der atomaren Energieerzeugung zum Jahresende abzurücken besteht aber nach den vorstehenden Überlegungen auch jetzt kein Anlass, sollte nicht der derzeit von der Bundesregierung durchgeführte „Stresstest“ zu einem gänzlich anderen Ergebnis kommen als die bisherigen Erkenntnisse[hbl1] . Es ist im Gegenteil ein Segen, dass dieses Kapitel der Technologiegeschichte, das über Jahrzehnte hin einen der größten gesellschaftlichen Konflikte in Deutschland darstellte, endlich befriedet ist. Diese alten Gräben wieder aufzureißen würde der Gesellschaft nicht guttun, dazu besteht keine Notwendigkeit.